Vier Generationen zwischen fünf Diktaturen.

Nikolaus II - Hitler - Mandschukuo - Stalin - Mao Zedong

Biographischer Roman

Im Jahr 1899 ist Josef Naumann zwanzigJahre alt und Angestellter in Hamburg. Er will der Enge seines vorbestimmten Lebens entfliehen und bekommt ein Angebot von einem deutschen Handelshaus in Wladiwostok, Sibirien. Vor Ort bestimmen Begegnungen mit Menschen aus vielen Kulturen und ungewohnte Herausforderungen sein Leben. Aber zwischen Russland, China, Japan und den Kolonialmächten spitzen sich politische Konflikte zu, ein Krieg folgt dem nächsten. Durch den Ersten Weltkrieg gerät Josef Naumann selbst in sibirische Verbannung, lebt sieben Jahre unter Burjaten und gründet eine Familie. Er unterstützt das IRK bei der schwierigen Rückführung deutscher Zivilgefangener. Als er von der Roten Armee mit dem Tode bedroht wird, flieht er mit seiner Familie im Schlittenkonvoi durch die Fronten des Bürgerkrieges.

Paperback, 14,8 x 21 cm,  690 Seiten, ISBN 978-3-89998-409-5€22,90 EUR
Anthea-Verlag, anthea-verlag.de/products/inge-ruth-marcus-glut-im-eis oder im Buchhandel
E-book, erschienen im XPUB Verlag, 2024

Pressemitteilung zum Erscheinen des Buches im November 2020


Hohe Aktualität des Buches

Der Hintergrund des Romangeschehens hätte als Blaupause für den Ukrainekrieg dienen können. Es gibt Übereinstimmungen bei der Annexion von riesigen chinesischen Territorien, wie dem Primorje und dem Amurgebiet oder dem russisch-japanischen Krieg 1904-1905 sowie den beschönigenden Begriffen dazu: Die gewaltsame Landnahme galt als Ergebnis von "Pachtverhandlungen ". Heute heißen sie "militärische Sonderoperation". Falschmeldungen wie Schuldzuschreibungen verbreiteten damals Zeitungen. Heute findet man sie in allen russischen Medien. Repressalien gegen Kritiker waren und sind an der Tagesordnung. Die Soldaten waren damals wie heute zunächst nicht über den Zweck ihres Einsatzes informiert, ihre Versorgung und Ausrüstung war mangelhaft, desgleichen die Planung ihres Transportes und der Zustand ihrer Waffensysteme. Damals wie heute wurden die Flaggschiffe der russischen Marine versenkt, damals die Petropawlowsk, heute die Moskwa. Damals waren die russischen Truppen zahlenmäßig den gegnerischen weit überlegen, aber ihre Militärstrategen machten Fehler, die vom Gegner erfolgreich genutzt wurden. Russland verlor den Krieg. Damals wie heute wurde der religiöse Glaube der Bevölkerung instrumentalisiert, der Krieg zum Willen Gottes deklariert. Weitere Parallelen zeigen sich z.B. in der Struktur des autokratischen Machapparats und der Kriegsfinanzierung.

Rezensionen

Was für ein großartiges Werk! Es basiert auf der Lebensgeschichte des Großvaters im Raum von fünf Ländern und im weiteren Verlauf beider Großeltern der Autorin. Was wissen wir in unserer westlich geprägten Kultur schon von den Weiten Sibiriens und seiner bewegten Geschichte am Ende der Zarenepoche - und den nachfolgenden Wirren der Revolutionen? Erst die Lektüre dieses biografischen Romans von Inge Ruth Marcus machte mir meine bisher weißen Flecken auf der Landkarte meines geografischen und historischen Wissens bewusst. Ich bin sicher, dass es vielen Leser*innen ähnlich ergeht. Die profunden Kenntnisse der Autorin, eingebettet in die dramatische Lebensgeschichte des Hamburger Kaufmanns und Handelsvertreters Josef Naumann zwischen Wladiwostok, sibirischer Verbannung, China, Japan und Korea, haben mir neue Horizonte eröffnet – nicht zuletzt über menschliches Verhalten in extremen Grenzsituationen. Der ganze Roman erzählt vom Ringen um die Würde eines eigenverantwortlichen Lebens, darum, mehr zu sein als nur Opfer der Verhältnisse bzw. der Willkür korrupter und machthungriger Potentaten während der kriegerischen ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Gebannt und innerlich aufgewühlt bin ich den Lebensweg von Josef Naumann, seiner drei Familien in Hamburg, Wladiwostok und dem Verbannungsort Wercholensk sowie seiner jeweiligen Freunde mitgegangen. Ohne deren Mut, Findigkeit und selbstlosem Einsatz, im Gegensatz zur ideologisch verordneten Solidarität der jeweiligen Machthaber, wäre Josef Naumann mehrfach gestorben bzw. getötet worden. Zwar als Roman konzipiert, bleibt dieses literarische Werk doch so nah an der von der Autorin akribisch recherchierten historischen Wahrheit. So ist es gleichzeitig ein authentisches Zeitzeugendokument, das unser Wissen über eine bislang sträflich vernachlässigte historische Epoche erweitern und vertiefen kann und sollte.

Hamburg, 7.7.2020 Christoph Huppenbauer, Theologe

Wer erfahren will, welchen Bedingungen und Fährnissen Auswanderer aus Deutschland nicht nur nach Westen, sondern auch in den äußersten Osten Russlands und Chinas zwischen den beiden Weltkriegen begegneten, und welchen epochentypischen Herausforderungen sie ausgesetzt waren, kann sich Inge Ruth Marcus ́ biografischen Roman `Glut im Eis – Vier Generationen zwischen fünf Diktaturen ́ vornehmen – und wird nicht aufhören zu lesen.      

                                                                  Stuttgart, 2022, Dr. Peter Müller-Rockstroh, Historiker, Entwicklungspolitiker, SPD Vorsitzender Stuttgart

„Glut im Eis“ ist ein dokumentarischer, biographischer Roman, der auf der realen Geschichte der Großeltern der Autorin basiert. Der Familienbericht der vier Generationen spielt zwischen Deutschland, Russland sowie China (hier mit starken japanischen Komponenten während der Mandschuko-Epoche) in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und wird aus der Erlebnisperspektive der handelnden Personen geschildert. Vielfach werden historische Entwicklungen mit kleinen erläuternden Texten zum geschichtlichen und geopolitischen Hintergrund unterlegt. Im Anhang findet sich ein umfassendes Sachregister.

„Glut im Eis“ ist ein tiefbewegender wie nachhallender biographischer Roman, welcher die Leserin/den Leser - neben der beindruckenden Schilderung des Lebens und des Schicksals der Protagonisten (Josef und Tanja Naumann) - mitnimmt auf eine Reise in die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Zusammenhänge wie Hintergründe in FernOst (Russland, China, Japan, Korea) sowie in die imperialen Kolonialisierungsbestrebungen der europäischen Welt via Handel, darunter auch durch die deutsche Interventionspolitik. Beeindruckend die politisch/kulturelle Reflexion wie Sensibilität des Hauptprotagonisten...

Faszinierend die Schilderung der unterschiedlichen sozialen und kulturellen Grenzerfahrungen in der Verbindung des russisch-asiatischen Fernen Osten und Westeuropa insbesondere anhand der Beziehung der Hauptprotagonisten Josef und Tanja Naumann. Das Fundament ihrer Liebe und Lebensgemeinschaft war – wie die Autorin schreibt – ihre gemeinsame Geschichte, die mit politischen, ethischen und physischen Herausforderungen begann und sich zwischen immer neuen Erfahrungen von Fremdheit, Lebensgefahr, Flucht und Verfolgung abspielte. Mit Tanjas Beharrlichkeit, Josefs Aufgeschlossenheit und beider starke Persönlichkeit und Humor überwanden sie die stärksten Herausforderungen. Insgesamt beeindruckend das sensible, respektvolle, menschliche Handeln Josef Neumanns. „Glut im Eis – vier Generationen zwischen fünf Diktaturen“ ist ein kultur-, epochen- wie systemübergreifendes Werk – ein kosmopolitisches Buch von großer Faszination.                                                                                                                                                                                                  

30.6.2020 Dieter Hampel

„Glut im Eis – Vier Generationen zwischen fünf Diktaturen“ beschreibt die Lebenswelt des Großvaters der Autorin, eines Hamburger Bildungsbürgers, ab 1897. Die Handlung spielt zwischen Deutschland, Russland, China, Japan und Korea, von seiner Auswanderung nach Wladiwostok über die zaristische Verbannung im 1. Weltkrieg in Burjatien bis zu seiner Verschleppung in stalinistische Gulags. Die Leser:innen nehmen sie aus der Erlebnisperspektive der handelnden Personen wahr, in die sie unweigerlich hineingezogen werden.  


Januar 2024, Prof. Manfred Peters, emeritierter Ordinarius an der Universität von Namur, Belgien

„Glut im Eis“ von Inge Marcus, der lebendig geschriebene dokumentarische Roman entführt die Leser in ferne unbekannte Welten des Fernen Ostens in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts. Man erlebt die drei Welten, in denen sich ihr Großvater, ein junger, hanseatischer Kaufmann, der 1898 in eine Handelsniederlassung nach Wladiwostok aufbrach, sich bewegt, mit. Nach dem gutbürgerlichen Hamburg eröffnet ihm die gemeinschaftliche Pionierarbeit vor Ort Dimensionen und Perspektiven von sinnvollem Leben, von Selbstbestimmung und persönlicher Reifung. Durch seine Verbannung als Zivilgefangener im 1. Weltkrieg nach Sibirien, muss er andere Überlebensstrategien entwickeln. Unter den ihm fremden Selbstverständlichkeiten des Volkes der Burjaten bringt er sich ein, gewinnt Freunde und schließlich seine Frau Tanja. Ohne ihre Familie wäre er einige Tode gestorben. Schließlich gelingt seiner kleinen Familie dank deren gemeinschaftlichen gefährlichen Einsatzes die Flucht durch die Linien der Bürgerkriegsparteien `Weiß ́ und `Rot ́ nach Wladiwostok. Entgegen seinem Informationsstand ist aber auch das bereits in sowjetischer Hand. Als Deutscher einerseits privilegiert, andererseits diskriminiert und verfolgt, erfährt er Rückhalt in der Gemeinschaft der inzwischen annektierten Handelsniederlassung in Wladiwostok, in der die wenigen verbliebenen russischen und chinesischen Mitarbeiter in gefährlichen Situationen geschickt und findig agieren. Als ihm Todesstrafe oder Verbannung drohen, kann dank Freunden zunächst seine Familie in die Mandschurei nach China fliehen, nach eineinhalb Jahren in einer Todeszelle auch er. Josef N. erlebt in Fern Ost direkt und indirekt sieben kriegerische Auseinandersetzungen wie den Boxeraufstand, den russisch-japanischen Krieg, den 1. Weltkrieg, den sowjetischen Bürgerkrieg, den chinesischen Bürgerkrieg, die japanische Okkupation, indirekt den 2. Weltkrieg und schließlich die sowjetischen Einnahme der Mandschurei. Er hadert mit dem Schicksal der Epoche, in der Selbstbestimmung und Leben in Frieden ausgeschlossen zu sein scheinen. Aber mit seiner Familie und seinen Freunden sucht und findet er immer wieder Zeiten und Orte für eigenes Leben. Der ständige Kontakt zur Heimat kontrastiert mit den Erfahrungswelten und Mentalitäten in Mitteleuropa und Fernost und bringt ihn in manchen inneren Konflikt zwischen den Kulturen, in denen er lebt und den jeweiligen lokalen und historischen Gegebenheiten. Die erneute sowjetische Verbannung aus dem mandschurischen Harbin, setzt diesem bewegten Leben Josef N.s ein Ende. Ein in Inhalt und Stil mitreißendes Buch.

Christiane Trümper-Portella, Gymnasiallehrerin

Seit der Besetzung der Krim und dem Krieg gegen die Ukraine geht der Blick immer weiter zum Osten Europas und Russlands, was wir noch bei den Tschetschenien-Kriegen vermeiden konnten, sie waren „sehr weit weg“. Nun führt uns die Autorin noch weiter weg, in den fernen Osten des russischen Reiches, nach Sibirien, insbesondere nach Wladiwostok und Burjatien. Da sie die Lebensgeschichte ihres deutschen Großvaters erzählt, der sich im Jahr 1898 aus dem Wunsch, der häuslichen Enge zu entkommen und aus Fernweh für eine kaufmännische Tätigkeit in Wladiwostok entschied, lässt sie die Leser*innen teilhaben an dem Erleben der politischen und wirtschaftlichen Verwerfungen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und deren Auswirkungen auf die Menschen dieser Gegend. Der Großvater (Pseudonym Josef Naumann) wird in die zaristische Verbannung in den Norden Burjatiens transportiert, der heute autonomen russischen Republik im Osten des Baikalsees. Dort lernt er die Burjat*innen, die in dieser rauen Gegend bestehen können, kennen und als eigensinnige Indigene wertschätzen. Unter ihnen begegnet er seiner Lebensgefährtin, von der die Leser*innen so wie er längst vergessene Tugenden erfahren können: Schutzverhalten gegen extreme Kälte, Familienzusammenhalt, Gruppenzusammenhalt, Religiosität, Weitergabe „alter“ Fertigkeiten in Nahrungsmittelkonservierung und -Zubereitung, Herstellung von Kräutermedizin u.e.m., insbesondere aber Menschlichkeit gegenüber Verbannten. Nicht zuletzt prägt sie das praktische Überleben ihrer Familie (das Paar hat inzwischen zwei Kinder) in Zeiten der Kämpfe zwischen „Weißen“ und „Roten“ während des russischen Bürgerkrieges.

Den Leser*innen wird deutlich: Es ist kein Zufall, dass es heutzutage gerade die Burjatinnen waren, die in Moskau demonstriert haben und die Entlassung ihrer Männer und Söhne aus dem Ukraine-Krieg forderten, in welchen sie als erste geschickt worden waren, weil sie aus einer weit entfernten und wenig vernetzten russischen Republik kommen. Und mindestens den russischen Machthabern mit KGB-Vergangenheit ist bewusst, warum Stalin im Jahr 1937 mehr als 10.000 Burjaten töten ließ.

Vor allem überzeugt die Persönlichkeit der Protagonistin Tanja, der Großmutter der Autorin: ihre Verlässlichkeit der Bindung an Josef, den Großvater der Autorin, ihre Fähigkeiten im Umgang mit sozialen und politischen Schwierigkeiten in Burjatien, Wladiwostok und Harbin, ihre ständig präsente Gastfreundlichkeit und vor allem ihr ausgeprägter Humor. Aus diesen Eigenschaften resultiert eine Stärke, die die lebenslange Beziehung zu dem deutschen Kaufmann „auf Augenhöhe“ überhaupt ermöglicht. Seine Herangehensweise an die „Prüfungen“, die das Leben in diesen Zeiten der politischen Umbrüche ihm abverlangt, d.h. immer wieder neue wirtschaftliche Rückschläge, die Verbannung nach Burjatien/Sibirien, die Rückkehr nach Wladiwostok, dort neue Verfolgung und dann doch die Flucht nach Harbin/Nordchina, verdeutlicht, dass auch er als Handlungsmaxime neben dem Schutz seiner Familie seinen ethischen Kompass nicht verliert. Es geht ihm um den menschlichen Umgang mit allen seinen Gefährten, seien es Mit-Gefangene, seien es Angestellte oder Geschäftspartner, seien es Deutsche, Russen oder Chinesen. Er zweifelt dabei nicht selten an seinen Entscheidungen und stellt sich immer wieder die „Grundfragen“, also Flüchten oder Standhalten, sofort Handeln oder Abwarten, an sich denken oder die Familie und das gesamte Umfeld einbeziehen.

Insofern hat sich die Autorin, die bisher bekannt wurde durch ihr pädagogisches Werk in der Entwicklungspolitik, mit diesem Roman auf ein neues Terrain begeben, das Politik, Geschichte und vor allem den Fernen Osten auf dem Hintergrund ihrer Familiengeschichte behandelt. Es ist ihr wunderbar gelungen, diese „Sachgebiete“ den Leser*innen nahezubringen, weil es nicht rein dokumentarisch erfolgt, sondern durch die Schilderung der Lebensgeschichte der beiden Hauptpersonen, die so fremd und spannend ist, dass sich die Leser ihr nicht entziehen können.

Trudel Karcher, Juristin, August 2024